In den letzten Tagen konnte ich mir mit kenHub, ein neues Anatomie-Lernportal genauer anschauen. Dabei war der erste Eindruck sogleich Positiv, denn es funktionierte sowohl auf einen Nexus 7 als auch auf einen iPad mini Einwandfrei; das ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, denn bis z.B. das Examen Online von Thieme halbwegs auf einen iPad nutzbar war, vergingen knappe 2 Jahre. Aber dieser erste Eindruck soll nicht darüber hinweg täuschen, das es sich bei kenHub um ein Projekt handelt, das noch in in der Entwicklung steckt. Nicht umsonst ist es als „beta“ ausgewiesen.
Konzept:
Das Konzept ist einfach. Zuerst wird sich 2 Anatomischen Strukturen gewidmet, die es voneinander in verschiedenen Perspektiven zu unterscheiden und zuzuordnen gilt; später muss je eine dieser Strukturen aus einer größeren Anzahl an Abbildungen korrekt erkannt werden. Dieses gescheit in beiden Fällen durch „anklicken“ der korrekten Abbildung. Anschliessend muss im Auswahl- oder Buchstabierverfahren benannt werden, welche Abbildung gezeigt wird. Die dabei verwendeten Abbildungen (laut Angaben von kenHub eine eigene Entwicklung), erscheinen mir persönlich recht übersichtlich, ohne auf die notwendige Details zu verzichten.
Daneben verfügt kenHub über eine wachsende Anzahl von Lerntexten zu Anatomischen und Anatomisch-Klinischen Themen wie z.B. einzelne Muskelgruppen („Der Musculus popliteus“) oder klinischen Themen („Das Osteosarkom“ oder „Sprunggelenksverletzungen“).
Umfang:
Aktuell besteht das Lernangebot von kenHub 18 Trainingssitzungen, darunter 9 zur unteren Extremität, 7 zur oberen Extremität sowie 2 zur Wirbelsäule. Ein einer Trainingssitzung werden nochmal eine Vielzahl von Anatomischen Stukturen in 4 Durchgängen – Erkennen, Unterscheiden, Benennen und Buststabieren – gelehrt und abgefragt. Während die knöcherne Strukturen und Muskulatur schon recht komplett enthalten sind, scheint mir das Training in Bezug auf die Leitungsbahnen noch nicht komplett. Zudem fehlen noch Schädel und Rumpf beim Bewegungsapperat, sowie die komplette Organ- und Neuroanatomie.
Laut Niels Hapke, dem Geschäftsführer von kenHub, befinden sich diese Bereich aber noch im Ausbau.
Reicht das ?
Anatomie war für mich das Fach, wo ich am wenigsten wusste, welches Thema man wie Detailliert lernen muss. Teilweise sind nicht nur die Unterschiede zwischen den einzelne Universitäten sehr verschieden, sondern bestimmte Dozenten haben in Ihren Testaten verschiedene Schwerpunkte. Daher wird kenHub wohl kaum das vom Dozenten nahegelegte Anatomiebuch ersetzen können, selbst dann nicht, wenn die Lerntexte noch deutlich weiter ausgebaut werden. Sie werden leider schlicht nie den Stil einen Dozenten treffen, der sich auf ein bestimmtes Standardwerk eingeschossen hat. Und aktuell wird kenHub wohl auch keinen Anatomieatlas ersetzen, der einen den Gesamteindruck über die topographischen Anatomie bieten; zumindest nicht im aktuellen Ausbaustand.
Kurz: Um durch die ganze Anatomie zu kommen wird kenHub alleine auch nicht reichen. Und das ist in meinen Augen auch das große Manko. Was es aber recht gut macht ist das leidliche Auswendiglernen von anatomischen Strukturen zu erleichtern. Man könnte meinen, das genau das sogar bei kenHub spass macht.
Preisgestaltung:
Ein leidliches Thema bei Literatur- und Lernprogrammen für das Studium ist der Preis. Aktuell ist kenHub für 7 Euro mtl. zu haben. Schliesst man das Abo, welches jeden Monat gekündigt werden kann, jetzt ab, erhält man kenHub dauerhaft zu diesem Preis. Dabei“ spart“ man Dauerhaft 8 Euro mtl., so das es wohl in Zukunft 15 Euro kosten soll. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, was ein fairer Preis ist; 15 Euro im Monat scheinen mir rückblickend auf meine Studentenzeit ein stolzer Preis, den ich sicherlich nicht gezahlt hätte. Meine Schmerzgrenze wäre bei etwa 10 Euro gewesen.
Umgekehrt ist kenHub eine komplette Neu- und Eigenentwicklung, die ohne einen großem Verlag im Hintergrund ein Anatomielernportal schaffen will, das einen durch die Anatomie im Studium bringt. Daher halte ich es für durchaus verständlich, das kenHub durchaus ein paar Euro im Monat kosten soll. Auch auch hier scheinen die Dinge noch im Fluss zu sein.
Mein persönlicher Eindruck:
Ich war erstaunt, wie viele Strukturen ich in den Übungen noch auf Anhieb erkannt habe. Eine gute Basis für Spaß und Motivation durch Erfolgserlebnisse. Das mehrfache und abgestufte Wiederholen der gleichen Strukturen haben mir auch das Gefühl von einen Lernfortschritt gegeben. Das ist mir früher viel schwerer gefallen, und ich wäre rückblickend froh gewesen, hätte es 2004/2005 schon so ein Portal gegeben.
Ausblick:
Mehr noch als Hilfsmittel für den einzelnen Studenten sehe ich Portale wie kenHub an einer Stelle, wo sie vielleicht irgendwann die Lehre an den Universitäten verändern. Rückblickend hat mir persönlich das Präparieren sehr wenig gebraucht; ein lebender Situs sieht ganz anders aus, ein Schnittbild im Ultraschall hat noch weniger was mit einen Schritt für Schritt auseinandergeschnittenen Körperspender zu tun als der eingeschränkte und unterlegte Blick auf die Anatomie am lebenden Menschen. Lediglich das Vorbereiten auf Testate am Körper hat mir wirklich etwas gebracht, was auch hängen geblieben ist.
Kurz: Gerade die Anatomie scheint mir vielfach frischen Wind zu vertragen; und da sind derartige Portale in meinen Augen der Richtige weg.
In den Nächsten Tagen und Wochen werden ich kenHub sowie einige anderen Anatomie-Apps und Portale genauer vorstellen.
Link zum Portal: www.kenhub.com